„Gegen Penicillin bin ich aber allergisch“ – diese Aussage von Patienten hören Ärzte relativ häufig. Oft erhalten die Patienten dann ein Reserveantibiotikum mit allen damit verbundenen Problemen. In 9 von 10 Fällen handelt es sich aber gar nicht um eine echte Allergie, wie eine kürzlich im JAMA Internal Medicine veröffentlichte Studie nun zeigen konnte.
Es ist davon auszugehen, dass höchstens 10 bis 20% der anamnestisch genannten Penicillin- bzw. β-Lactam-Allergien tatsächlich solche sind und sich mit einem Haut- oder Provokationstest nachweisen lassen. Kaum Zweifel an einer IgE-vermittelten Typ-1-Allergie bestehen, wenn Patienten Sofortreaktionen wie Urtikaria bis hin zur Anaphylaxie innerhalb einer Stunde nach Einnahme des Antibiotikums beschreiben. Solche allergischen Reaktionen vom Soforttyp lassen sich mittlerweile öfter gegen Cephalosporine als gegen Penicilline nachweisen, am häufigsten gegenüber dem in Deutschland besonders stark verbreiteten Cefuroxim. Bei allen Patienten mit weniger eindeutigen Angaben zu ihrer Arzneimittelallergie ist zur Klärung ein Hauttest und eventuell zusätzlich noch ein Provokationstest zu empfehlen. Häufig beruhe die Bezeichnung „Allergie“ nur auf einem anamnestisch erinnerten Hautausschlag unter Antibiotikatherapie, ohne dass jemals ein aussagefähiger Allergietest vorgenommen wurde. Der Ersatz des eigentlich indizierten Penicillin-Präparats auf Grundlage solcher vagen Angaben muss kritisch gesehen werden. Vielfach werden in dieser Situation extrem breit wirkende Reserveantibiotika wie Carbapeneme verordnet, die eigentlich nur bei ausgewählten Patienten bzw. auf Intensivstationen zum Einsatz kommen sollten. Mit dem breiten Einsatz dieser zweifellos effektiven Breitspektrum-Antibiotika werden aber hochresistente gefährliche Erreger selektiert, die Darmflora gestört und die Rate von Clostridium-difficile-assoziierten Diarrhoen erhöht. Auch wenn ein in der Akutsituation vorgenommener Hauttest negativ ausfällt, lassen sich Allergien natürlich nicht hundertprozentig ausschließen. Die Gefahr lebensgefährlicher Reaktionen ist dann aber sehr gering, schreiben die Allergologen. Hat man im Intervall mehr Zeit, sollte mittels Haut- und Provokationstest geprüft werden, auf welche speziellen Penicillin- bzw. ß-Lactam-Präparate der Patient gegebenenfalls allergisch reagiert. Meist betrifft die Allergie nur bestimmte Molekül-Seitenketten eines Wirkstoffs – andere Penicilline oder ß-Lactam-Antibiotika können aber durchaus gegeben werden. . Häufig erhalten Patienten das Label „Penicillin-Allergie“ bereits im Kindesalter. Gerade hier werden Ausschläge unter Antibiotikatherapie häufiger durch den Infekt selbst ausgelöst. Außerdem können selbst echte, IgE-vermittelte Arzneimittelallergien mit der Zeit auch von selbst wieder verschwinden: Etwa 80% der Patienten mit nachgewiesener IgE-vermittelter Penicillin-Allergie reagieren 10 Jahre nach ihrer ersten Reaktion nicht mehr empfindlich auf das ursprüngliche Allergen. Quelle:
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AutorSchreiben Sie etwas über sich. Es muss nichts ausgefallenes sein, nur ein kleiner Überblick. Archiv
August 2017
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